Osttürkei

Am späten Nachmittag kam der beeindruckende Berg Ararat in Sicht und es wurde deutlich, das wir uns in Kurdistan befinden. Waren die Straßensperren sonst mit normalen Polizisten besetzt, wurde hier unter den Augen der Armee kontrolliert und die Wachposten standen mit schwerer Bewaffnung hinter Barrikaden aus Beton und Sandsäcken. Auch fehlten die Polizeiautos und dafür standen gepanzerte Fahrzeuge mit Geschützen und leichte Panzer herum. Puhh, kaum zu glauben, dass man hier nur seinen Pass und seinen Führerschein zeigen muss. Wir wurden allerdings immer durchgewunken. Im letzten Städtchen vor der Grenze, an dessen Rand sich auch unser letzter türkischer Campingplatz befand, wimmelte es dann vor Militär. Fast keine Straße ohne waffenstarrende Fahrzeuge, Stacheldraht, Betonsperren etc. Unsere Jüngste winkte allen freundlich zu und die Männer der Polizei, Gendarmerie und des Militärs winkten freundlich zurück. Wieder eine dieser Situationen wo wir es wirklich toll finden, kleine, süße Kinder dabeizuhaben! Es entspannt in solchen Situationen, wo einem eher etwas mulmig zu Mute ist, ungemein, wenn man von allen angelächelt wird.


Entgegen unserer Hoffnung hatte der Campingplatz leider keinen Internetzugang, somit war es nicht möglich, sich auf die kommenden Länder vorzubereiten. Echt blöd, denn das hatten wir vor der Reise noch nicht ausreichend tun können. Somit wurde es an dieser Stelle wie früher: Nahezu Ahnungslos geht es rein in den Iran. Keine Ahnung vom Wechselkurs, keine Ahnung von der Sprache und sehr toll: Kein Navi! Dieses verlangte plötzlich ein Kartenupdate und kann uns sonst nicht führen. Wie ich diese Internetnotwendigkeit mittlerweile hasse. Ich hatte mir vor der Reise ja noch ein Tablet zugelegt um die Bilder und Berichte bereits sortieren und verfassen zu können, aber mittlerweile ging die Hälfte der Programme nicht mehr, weil sie ein Update verlangten und sich so lange sperrten, bis sie es bekommen. Ganz toll. Besonders wenn einen teuer bezahlte Programme auf Tablet und Smartphone auf diese Weise im Stich lassen, könnte ich wahnsinnig werden.

An unserem zweiten Tag hier zeigte sich Kurdistan von seiner besten Seite. Am Vormittag besichtigten wir bei schönem Wetter die in der Nähe unseres Stellplatzes befindlichen Ruinen. Anschließend ging es zurück zu unserem Stellplatz, welcher in einem Picknickpark lag. Hier war jetzt richtig was los, denn es war ja Wochenende. Nicht lange, und wir waren mitten im Geschehen. Man brachte uns einen Volkstanz bei und ich glaube, an diesem Tag wurden mindestens 300 Fotos mit uns gemacht. Jeder wollte wissen, woher wir kommen und ob ein Foto mit uns möglich wäre. Die Kinder wurden geherzt und geknuddelt bis zur völligen Erschöpfung. Während unser Sohn besonders die Aufmerksamkeit der Damen genoss, war unsere große Tochter mehr auf Geschenke aus. Bei ihr kommt derzeit der Geschäftssinn durch und sie überlegte schon, wie viel sie wohl für ein Foto mit sich verlangen könne. Letztenendes ergatterte sie immerhin eine Tüte Knabberzeug und eine Freifahrt auf der Parkeisenbahn.

Weg nach Osten


Nach einem weiteren Fahrtag übernachteten wir an einem recht idyllischen Plätzchen am Wasser. Zur Freude unserer Kinder gab es dort schöne Lehmkuhlen zum Matschen. Das Saubermachen hinterher dauerte mindestens genau so lang wie das Spielen. Übrigens, je weiter man nach Osten kommt, desto höher wird die Rinder- Schaf- und Ziegenherdendichte, welche mit ihren Hirten durch die Gegend ziehen. Und so gab es auch hier in Hörweite die obligatorische Schafherde. Die Hirtenhunde besuchten uns am nächsten Morgen in aller Frühe, gesehen haben sie somit nur die Kleinste und Mama. Hier haben alle Hirten die berühmten Kangalhunde, eine Rasse mindestens so groß wie Bernhardiner aber mit sportlicherer Figur. Sie können Wölfe nicht nur abwehren, sondern auch töten. Wir fanden noch die Spuren dieser Hunde, von der Größe her könnten es aber auch Löwenspuren sein.


Da es dringend Zeit wurde die Vorräte aufzufrischen, machten wir in einer Stadt an einem größeren Geschäft halt und füllten zwei Einkaufswagen. Zusammen mit unseren drei Kindern waren wir damit scheinbar die Sensation des Tages und drei Verkäuferinnen halfen uns anschließend auch noch beim Einpacken und zum Auto tragen. Als der Abend hereinbrach fuhren wir aufs Geradewohl zu einem See um ein nettes Plätzchen zum Übernachten zu finden. Allerdings endete die Straße in einem ausgebauten Park mit Uferpromenade, Restaurant und kleinem Haustierzoo. Unsere Frage nach Übernachtungsmöglichkeit wurde mit "Evit, come here" beantwortet, wir wurden gleich auf einen Parkplatz eingewiesen und als wir uns auf einem der zahlreichen Picknickbänke das Abendbrot schmecken ließen, wurde uns noch Tee und für die Kinder Süßes gebracht. Des Weiteren stellte sich ein freundlicher Herr mit Familie vor, er lobte unser Auto, übergab mir eine Visitenkarte (er war Mechaniker bei einer Mercedeswerkstatt) und dann wurde ausgiebig mit unseren Kindern geschäkert. Ich musste anschließend seiner Frau noch eine Führung gewähren, scheinbar möchte er sie fürs Camping begeistern. Auch für eine Gruppe junger Damen war unsere Jüngste der Star und wir waren froh, dass sie den ganzen Trubel um ihre Person gut zu vertragen scheint. Dieser schöne Abend endete allerdings abrupt, als Sohnemann vom Hochbett fiel und sich eine fette Platzwunde am linken Auge zuzog. Das Auto sah aus, als hätten wir geschlachtet. In weiser Vorrausicht hatten wir alles medizinisch Notwendige dabei und als Mama sich von ihrem Schreck erholt und wieder Farbe im Gesicht hatte, konnte sie ihn entsprechend verarzten. Am meisten schien unsere Jüngste darunter zu leiden, sie hatte bei jedem Schrei ihres Bruders mitgeweint, konnte sich gar nicht mehr beruhigen und brauchte ewig um einzuschlafen. Immer wieder schluchzte sie auf. Welch dramatisches Ende eines so schönen Tages. (Unser Sohn stand die ganze Nacht und die folgenden Tage noch unter ständiger Beobachtung, schien aber keinen Schaden davongetragen zu haben) Am nächsten Morgen schenkte uns der freundliche Parkmeister noch frisch gelegte Eier der Parkhühner und anschließend stellte er uns noch ein Tretboot zur freien Verfügung.


Kappadokien II

Mit Beginn des fünften Tages brachen wir unsere Zelte ab und machten uns auf den Weg zu einer der unterirdischen Städte, und zwar die in Derinkuyu. Das ist ein recht verschlafenes Nest, in dem vor ca. 60 Jahren einer der Bewohner beim Ausbau seines Kellers auf einen Hohlraum hinter einer Kellerwand stieß, von dem Gänge abgingen und in immer weitere Räume führten. Ganz schön spannend. So konnten wir unterirdische Ställe, Wohnungen, Kirche und Gräber besichtigen. Dabei stiegen wir viele viele Meter über mehrere Etagen hinab. Unvorstellbar, das in solchen unterirdischen Städten Platz für ca. 20.000 Menschen war! Diesen Abend wollten wir an einem Ort ausklingen lassen, welchen wir in einem Reiseblog empfohlen bekommen haben. Und wirklich, plötzlich führte die Straße in einem Canyon hinab und nach einigen Kilometern führten immer wieder Feldwege zu schönen Stellen an einem kleinen Stausee. Hier machten wir es uns für zwei Tage bequem, genossen die tolle Landschaft und brauchten unsere letzten Vorräte auf. Wahnsinn, was man als fünfköpfige Familie immer so verputzt. Zu Hause fällt das nicht so auf, aber in einem kleinen Wohnmobil mit begrenzten Vorräten schon. Allein, man muss ja bei solchem Sonnenwetter pro Tag etwa 10l Trinkwasser einplanen. Zum Glück haben wir einen Filter mit, so das wir unsere Wasservorräte recht unkompliziert und ohne große Müllberge (Wasserflaschen) aufstocken können. Am Abend des zweiten Tages näherten sich im Dunkeln Autoscheinwerfer. Ein älterer Mann stieg aus und begrüßte uns überschwänglich. Er erklärte, dass es in seinem Dorf auf der anderen Seite des Stausees viel "historical" und "touristique" zu sehen gäbe, z.B. "churches" und wir doch bitte mal vorbeikommen wollen. Dann wünschte er uns einen schönen Abend und fuhr wieder davon. So machten wir uns am Folgetag in das beschriebene Dorf auf und tatsächlich, das Dorf befand sich in einem Seitenarm des Canyon, welcher über und über mit verlassenen Felsensiedlungen gespickt war. Hier konnte man nach Herzenslust herum- und hinein- klettern und steigen. Unglaublich, was es da teilweise hinter den kleinen Eingängen im Fels zu entdecken gab. Als die Kinder dann ermatteten machten wir uns weiter auf den Weg gen Osten.

Ballons!

Nach zwei sehr windigen Tagen (inkl. Sandsturm) konnten wir am dritten und vierten Tag auch endlich das berühmte morgendliche Schauspiel genießen. Der Wecker war gar nicht nötig, denn durch die Vorfreude wachte ich schon durch das sonore Brummen auf, welches das Tal erfüllte, als die Ballons aufgeblasen wurden. Wirklich beeindruckend, in einer so schönen Landschaft so viele Ballons auf einmal aufsteigen und dahinschweben zu sehen.


Kappadokien

Unser erstes  Traumziel, Kappadokien, war erreicht. Und das voll im (groben) Zeitplan! Nun war es an der Zeit erst einmal einen Gang zurückzuschalten. Wir errichteten unser Basislager für vier Tage auf dem Panorama Campingplatz direkt über Göreme. Von hier aus hatte man einen tollen Blick über das Städtchen, konnte viele der Täler, Hügel und Sehenswürdigkeiten im Umfeld zu Fuss erreichen und vor allem befindet man sich auf der Erhebung, in dessen umliegenden Tälern, bei geeigneter Witterung, die Heißluftballons starten. Dieses Schauspiel (5:30Uhr-7:00Uhr) wollten wir uns schließlich nicht entgehen lassen. So durchwanderten wir viele bizarre, wunderschöne Landschaften, bestiegen so manchen Aussichtspunkt und genossen natürlich so manches Eis. Dank der ideenreichen Einheimischen konnte unsere Große bereits hier ihren größten Reisewunsch erfüllen, einmal auf einem Kamel zu sitzen. Unsere Kinder freuten sich auch sehr über unsere zeitweiligen Nachbarn, zwei Motorradfahrer aus Berlin, welche auf einer großen Rundreise durch Eurasien bis nach Peking unterwegs waren. Endlich jemand der Deutsch verstand und sprach, da musste vor allem unsere Große erstmal viele aufgestaute Worte loswerden und sie verfolgte die beiden, zum Glück sehr netten und vor allem geduldigen Männer, auf Schritt und Tritt.


Das schwarze Meer Teil 1

Wir überquerten den Bosporus über die neue Brücke, denn dadurch umgeht man das Verkehrschaos in Istanbul. Spontan entschieden wir, an der Küste des Schwarzen Meeres zu übernachten. Das war allerdings leichter gesagt als getan, denn Steilküste und Totalbebauung wechselten sich hier ab. Auf der Suche sammelten wir dann, in der Hoffnung  auf Hilfe, einen Anhalter auf. Dieser gab auch an (per Übersetzung auf Handy), einen Stellplatz zu wissen. Als wir dort ankamen (einfach nur ein Feldweg mit Wiese und Bäumen), sagte er, hier könnten wir stehen, es würde nur 100TL (25€) kosten. Mittlerweile hatte er auch seine Kumpels verständigt, da diese angeblich Englisch könnten, und etwa ein Dutzend junger Männer stand mit Autos und Quads um uns herum auf diesem abgelegenen Feldweg im Dunkeln. Langsam wurde uns etwas mulmig... Da ich nicht zahlen wollte, sagte er, es würde doch nur 50TL kosten. Ich wollte weiterhin nicht zahen (denn für was?) und dann meinten sie, wir könnten uns hinstellen, es wäre kostenlos. Mhm, besonders ruhig hätte man dann aber nicht mehr geschlafen. Da sie aber nicht sagen wollten, ob das mit dem Geld ein Scherz war, kamen wir gesprächstechnisch nicht weiter. Da hauten sie ab. Noch während wir überlegten, ob wir bleiben sollten, plötzlich Blaulicht. Es kam direkt auf uns zu. Drei Bewaffnete von der Gendarmerie stiegen aus. Sie fragten ganz freundlich ob alles ok sei, Nachbarn hätten sie gerufen. Sie gaben uns ihre Nummer und wir sollten doch bitte sofort anrufen, falls wir nochmal belästigt würden. Dann wünschten sie uns eine gute Nacht. Obwohl es hier wohl nur um einen Dumme-Jungen-Streich ging, wechselten wir lieber nochmal den Standort, denn während wir vom Anhalter immer weiter gelotst worden waren, war uns schon ein schöner Platz direkt am Strand aufgefallen. Hier hatten wir dann auch eine ruhige Nacht und einen tollen Morgen am leider etwas vermüllten Strand. Anschließend ging es weiter Richtung Kappadokien.


Türkei, wir kommen!

Die Einreise in die Türkei verlief absolut problemlos. Im Gegenteil, die Grenzbeamten waren hauptsächlich damit beschäftigt unsere Kinder zu unterhalten und uns Komplimente für unsere schöne Familie zu machen. Wir fühlten uns sehr willkommen. Zum Tagesabschluss erreichten wir das Marmarameer und übernachteten direkt am Strand. Endlich kein Regen mehr!